Vulva, Vagina, Jungfernhäutchen …

Raus aus dem Tabu und rein in eine korrektere Kommunikation über weibliche Geschlechtsorgane. Der Arbeitskreis Frauen- und Geschlechterpolitik konnte zwei Referentinnen vom Freiburger Frauen- und MädchenGesundheitsZentrum e.V. (FMGZ) einladen und sich mit ihnen über Sexuelle Bildung austauschen.

Vulva, Vagina, Jungfernhäutchen – mit den weiblichen Geschlechtsorganen sind viele Begriffe und immer noch viele Unsicherheiten oder Falschinformationen verbunden. Das wollen wir ändern. Zunächst zu den Begrifflichkeiten: Was sind korrekte Bezeichnungen? Und mit welchen Bezeichnungen fühlen sich Frauen wohl? Ein Begriff für das eigene Geschlechtsorgan zu finden, mit dem frau sich selbst wohl fühlt, ist oft der erste Schritt zur sexuellen Selbstbestimmung und Enttabuisierung.

Enttabuisierung durch bildliche Darstellung

Die fotografische Darstellung, wie sie auch im bekannten Freiburger Kunstprojekt Vulvaversity- Kalender verwendet wird, kann Frauen helfen, die natürliche Vielfältigkeit von Vulven als etwas Positives zu entdecken und sich nicht mit einem Idealbild zu vergleichen. Im Rahmen der Body Positivity Bewegung sollen Schönheitsideale, bei denen beispielsweise die inneren Venuslippen von den äußeren verdeckt werden, abgebaut werden und eine Akzeptanz für den eigenen Körper in seiner Vielfältigkeit geschaffen werden.

Zwischen Wissenschaft und Falschinformationen

Die Abbildung und genaue Untersuchung der Vielfältigkeit weiblicher Geschlechtsorgane ist eine relativ moderne Bewegung. Das Team des Luzerner Kantonsspitals beansprucht für sich, mit der Vermessung der Genitalien von 657 Frauen in den Jahren 2015 bis 2017 die weltweit bisher größte Studie zum Thema durchgeführt zu haben. Es bleiben jedoch noch viele Forschungslücken offen und bei der geschlechtergerechten Formulierung von Forschungsfragen ist auch noch Luft nach oben. Was sich hartnäckig in der öffentlichen Wahrnehmung hält, sind vor allem falsche Vorstellungen vom weiblichen „Unten herum“.

Wo kommen Ideale und Falschinformationen her? Ein großes Problem stellt die sexuelle Schulbildung dar. Viele Schulbücher enthalten Abbildungen von Geschlechtsorganen und Inhalte sexueller Aufklärung, die fehlerhaft oder veraltet sind.

Ein Beispiel: Vielfach wird noch von einem Jungfernhäutchen gesprochen, das beim ersten Geschlechtsverkehr reißt. Richtig wäre, eine vulvinale Korona (Vaginalkranz) zu erklären, die einen Schleimhautkranz um den Vaginaleingang bildet und nicht reißt.

Zweites Beispiel: Eine Frau blutet nicht zwangsweise beim ersten Geschlechtsverkehr. Tatsächlich wird rund die Hälfte aller Frauen keine Blutung bei ihrem ersten Mal feststellen können.

Der Zugang zu diesen Informationen kann für Frauen sehr befreiend sein. Zum Beispiel, weil für sie das Bluten als ein Zeichen von Jungfräulichkeit und Reinheit gilt. Oder weil sie ein „einreißendes Jungfernhäutchen“ mit Schmerzen assoziieren und so sexuelle Ängste entwickeln. In beiden Fällen könnte eine einfühlsame und am aktuellen wissenschaftlichen Stand orientierte Aufklärung helfen, psychischen und sozialen Druck abzubauen.

Sexuelle Bildung

Wenn vollständige und wissenschaftlich korrekte Informationen so wertvoll für junge Frauen und Mädchen sind, dann sollten sie auch in der Schule vermittelt werden. Ein Anfang wäre hierbei die verbesserte Ausbildung zukünftiger Lehrkräfte. Für eine selbstbestimmte Sexualität ist neben der Aufklärung in Schulen auch die Arbeit von Beratungszentren essentiell und sollte daher unterstützt und ausgebaut werden. So gibt es in Freiburg beispielsweise eine Beratungsstelle für die Mädchengesundheit, aber keine für Jungengesundheit. Dabei ist es gerade in der sexuellen Aufklärung in schulischen Einrichtungen wichtig, geschlechterspezifische Angebote zu schaffen, sodass in geschützten Räumen Fragen sorglos gestellt werden können. Das FMGZ wählt bei der Gruppeneinteilung an Schulen einen binären Ansatz. Non-binäre Geschlechtervielfalt wird inhaltlich thematisiert.  

Was fordern wir?

1. Die Verbesserung der Aufklärungsmaterialien in den Schulen (Schulbücher und sonstiges Material)

2. Eine bessere Ausbildung der Lehrkräfte für sexuelle Aufklärung

3. Die Unterstützung von Beratungsstellen (für Mädchen und insbesondere auch für Jungen), die einen Großteil der sexuellen Aufklärung an Schulen leisten

Autor*innen: Arbeitskreis Frauen- und Geschlechterpolitik von Bündnis 90 / Die Grünen im KV Freiburg

Anmerkung: Wir benutzen den Begriff „weiblich“ im Sinne eines biologisch cis weiblich definierten Körpers. Nicht-binäre Körper verdienen einen eigenen Artikel. Du denkst: „Huch, das ist aber kompliziert?“ oder „Das macht ihr euch aber ganz schön einfach!“. Stimmt. Beides. Deswegen gibt es hier weiterführende Links dazu:

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