Von Afghanistan nach Europa


Interviewreihe „Nicht ohne Grund“ zu Fluchtgeschichten

Jedes Jahr am 20. Juni findet der Weltflüchtlingstag statt. Dieser Tag soll uns daran erinnern, dass Millionen von Menschen auf der ganzen Welt vor Kriegen, Konflikten, Gewalt, Verfolgung, Menschenrechtsverletzungen und Katastrophen fliehen müssen, um ihre Sicherheit und ihr Überleben zu gewährleisten. Um die Aufmerksamkeit auf die Notlage der Fliehenden und Geflüchteten zu lenken, hat Hülya Sevgin vom Arbeitskreis Internationale Politik eine Interviewreihe „Nicht ohne Grund“ gestartet. In diesen Interviews erzählen uns Geflüchtete aus Freiburg und Umgebung ihre persönliche Fluchtgeschichte. Als Auftakt dient ein Interview mit einer 22-jährigen Afghanin aus Freiburg, die namentlich nicht genannt werden möchte.

Hülya: Warum musstest du deine Heimat verlassen? (Grund für Flucht)

Interviewte: Afghan:innen waren schon immer Flüchtende. Das Volk „Hazara“ wurde gejagt von anderen Afghanen, weil sie nicht so afghanisch aussahen. Sie wurden getötet, und so sahen sich viele Hazaras gezwungen auszuwandern in den Iran. Meine Großeltern sind mit ihren Kindern zu Fuß in den Iran geflohen. Im Iran werden die Hazaras ebenfalls vom iranischen Volk diskriminiert. Hazaras durften beispielsweise nicht arbeiten, der Umzug von einer Stadt in eine andere Stadt war nicht erlaubt und normale Schulbildung kostete für Hazaras Geld während die gebürtigen Iraner nichts zahlen mussten.

Hülya: Wie bist du nach Europa und dann nach Deutschland gekommen?

Interviewte: Bis zu meinem 9. Lebensjahr lebte ich in Nord-Iran und dann sind wir in die Türkei nach Van ausgewandert. Wir blieben ungefähr ein Jahr in Van. Dann sind wir von Van mit dem Bus nach Çanakkale gefahren. Von dort aus sind wir mit einem Schlauchboot ungefähr um drei oder vier Uhr morgens im Herbst losgefahren, bis zur nächstgelegenen griechischen Insel. Als wir auf dieser Insel ankamen sind wir zu Fuß bis zur Yachtstation gelaufen, um Tickets für das Schiff zu kaufen, welches uns nach Lesbos bringen würde. Diese Insel war eine Katastrophe: Es gab kein Essen, kein Wasser, keine Dusche, wir mussten im Freien schlafen, bekamen keine Wechselklamotten und die griechische Polizei hat Geflüchtete geschlagen. Dann wurden wir mit dem Schiff nach Lesbos gebracht. Dort gab es Zentren zur Registrierung. Auf der Insel Lesbos gab es Schlafplatz, Essen und Trinken. Aber Mädchen wurden von den dortigen Geflüchteten vergewaltigt. Meine Familie und ich sind ein paar Tage dort geblieben und sind dann mit dem Schiff von Lesbos bis nach Athen gefahren. Von dort sind wir mit dem Zug bis nach Serbien. Zwischendurch sind wir auch gelaufen und mit dem Zug weiter bis zur ungarischen Grenze. In Ungarn fuhren wir mit dem Zug bis zur nächsten ungarischen Grenze und danach sind wir zu Fuß bis zur österreichischen Grenze gelaufen. Als wir in Österreich ankamen, wurden wir sehr gut behandelt. Wir wurden herzlichst begrüßt.

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