Analyse und Vorschläge zur Kosten-Berechnung vom AK Mobilität Freiburg & Region
Bundestag und Bundesrat haben im Jahr 2020 den Weg frei gemacht, dass Bewohnerparken nicht mehr nur max. 30 Euro Verwaltungsgebühr pro Jahr kosten darf, sondern dass die Länder den Gebührenrahmen für das Bewohnerparken anpassen können. Baden-Württemberg wird dieses Recht in Kürze an seine Kommunen delegieren. Auch in Freiburg ist die Diskussion zur Höhe und zur Berechnung der Bewohnerparkgebühren aufgeflammt. Die besondere Relevanz der aktuellen Debatte ergibt sich auch aus der Verknüpfung neuer Bewohnerparkgebühren mit den im Doppelhaushalt 2021/2022 der Stadt veranschlagten Einnahmen.
Bewohnerparken-Gebühr soll eine steuernde Funktion erhalten
Die 30 Euro pro Jahr für eine Bewohner-Plakette sind bisher eine reine Verwaltungsgebühr. Neu ist, dass das Bewohnerparken auch eine steuernde Funktion haben kann mit dem Ziel, den stark zunehmenden Druck des Parkens auf den öffentlichen Raum zu bremsen und, so die Landesregierung in ihrer Begründung „kostenorientiert zu wirtschaften und damit insbesondere auch der Lebensqualität sowie dem Klimaschutz Rechnung zu tragen“. Einnahmen für die Kommune kommen als Zusatznutzen hinzu und legitimieren sich, wenn sie – wie in Freiburg geplant – direkt für die Verbesserung der nachhaltigen Mobilität eingesetzt werden.
Ein Parkplatz kostet die Kommune bis zu 500 Euro im Jahr
Gründe für höhere Bewohnerparkgebühren gibt es viele, allen voran die Tatsache, dass durch das Parken auf Straßen und Plätzen wertvoller öffentlicher Raum privat in Anspruch genommen wird. Berechnungen sagen, dass die Bereitstellung und Unterhaltung von ca. 11,5 m2 (klassische Parkplatzgröße) die Kommune pro Jahr zwischen 50 und 500 Euro kostet. Die reellen Kosten eines öffentlichen Parkplatzes zu berechnen ist schwierig. Rechnet man aber Verwaltungsaufwand, Winterdienst, Straßensäuberung, Herstellungskosten und Bodenwerte mit ein kommt man schnell auf einen Wert, der über 30 Euro/m2 im Jahr liegt.
Vorschlag des AK Mobilität:
Soziale Staffelung bei der Berechnung mit einer „Freiburger Formel“
Warum soll das Abstellen von nicht genutzten Fahrzeugen auf öffentlichen Straßenflächen subventioniert werden? Warum soll ein Parkplatz am Straßenrand so viel billiger sein, als einer auf Privatgrund oder gar in einer Parkgarage?
Nun entdecken auch ansonsten weniger dafür bekannte Kreise in dieser Diskussion ihre soziale Ader und warnen vor der Belastung der „alleinerziehenden Pflegerin“, die ihr Auto benötigt.
Ja, ein sozialer Ausgleich muss bedacht werden.
Wir schlagen als Antwort dafür vor, die Fahrzeuggröße zu einem Schlüsselfaktor für die Kostenberechnung zu machen. Laut einer Information des Kompetenznetz Klima Mobil in BW kann die Höhe der Gebühr zum Beispiel anhand folgender Kriterien festgelegt werden: Die Größe des Kfz, die Anzahl der im Haushalt registrierten Fahrzeuge, sowie die Lage der Parkmöglichkeit.
Um die Forderung nach einer sozialen Staffelung mit den wahren Kosten des Parkens zu verbinden, hat der AK Mobilität Freiburg & Region eine Idee entwickelt, welche die öffentliche Debatte deutlich spannender werden lässt: Statt eine Einheits-Gebühr für das Bewohnerparken festzulegen, sollte für jedes Fahrzeug der Betrag errechnet werden:
Länge x Breite x Höhe x Leergewicht,
multipliziert mit einem festzulegenden Jahresfaktor
Diskutiert wird derzeit ein Jahresfaktor von 10 bis 20 €/m³t im Jahr.
Wir erklären die einzelnen Faktoren im Detail:
Länge: Entscheidet darüber, wieviel Fahrzeuge entlang zur Fahrbahn in einem Straßenabschnitts geparkt werden können (Flächengerechtigkeit).
Breite: Wie oben für quer zur Fahrbahn-(Senkrecht-) Parkplätze. Bei Längsparken drängen markierte Abstellflächen stark auf die Gehwege. Das Durchkommen in engen Straßen wird durch die Breite beeinflusst.
Höhe: Ist einerseits ein Faktor für die Inanspruchnahme von Stadtraum (nicht nur –fläche). Hohe Fahrzeuge beeinträchtigen Sicht und Licht für Erdgeschosswohnungen, verstellen die Sicht für Fußgänger über die Straße hinweg, wirken negativ auf das Stadtbild und reduzieren vor allem die Sichtbedingungen für Radfahrende und alle anderen Verkehrsteilnehmer*innen an Kreuzungen und Ausfahrten deutlich.
Gewicht: Ausdrücklich wird die Lenkungswirkung auch in Hinblick auf „dem Klimaschutz Rechnung zu tragen“ in der „Begründung zur Verordnung der Landesregierung zur Erhebung von Parkgebühren” in den Zielsetzungen erwähnt. Unbestreitbar ist, dass schwere Autos wesentlich mehr Energie benötigen um von A nach B zu kommen, als das entsprechende Auto mit geringerem Gewicht.
Die „Freiburger Formel“
Eine solche „Freiburger Formel“ führt dazu, dass das Abstellen kleiner, leichter Fahrzeuge (z.B. das der viel zitierten Pflegerin) erheblich weniger kostet, als das von großen Fahrzeugen. Wir haben dies an Hand verschiedener Fahrzeugtypen durchgerechnet: Die Parkgebühr für einen Audi Q7 oder gar für einen VW-Bus mit Hochdach liegt etwa bei dem 20fachen der Parkgebühr für einen Renault Twizy.
Der Verwaltungsaufwand hierfür, eine gern genutztes Abwehrargument gegen differenzierte Gebühren, erscheint uns angemessen, da die Daten in den Zulassungspapieren vorliegen. Allerdings sind wir noch am Recherchieren, welche Daten aus dem Zentralen Fahrzeugregister des KBA genutzt werden können/ dürfen, um die Berechnung zu Automatisieren. Eine bundesweite Listung der Fahrzeugattribute könnte einfacher sein, als wenn jede Kommune dies selbst vornehmen müsste.
Eine Privilegierung für E-Fahrzeuge sehen wir nicht als sinnvoll an.
Autor*innen:
Annabelle von Kalckreuth, Monika Zimmermann, Eberhard Mayer, Raphael Buob
AK Mobilität Freiburg & Region
Mehr Information: ak-mobilitaet@gruene-freiburg.de
Übrigens:
Es gibt viele Argumente für die Gebühren der Anwohnerparkplätze. Der AK Mobilität hat sie gesammelt. Hier geht’s lang: LINK
Weitere Infos zur derzeitigen Rechtslage findet ihr hier:
https://www.klimaschutz-bewegt.de/gebuehrenerhoehung-bewohnerparken-update-delegationsverordnung/
Deutsches Institut für Urbanistik:
https://difu.de/nachrichten/bewohnerparken-in-den-staedten-wie-teuer-darf-es-sein
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