Ein klimaaktivistischer Jahresrückblick 2020

2020 – diesem turbulenten Jahr mit einigen Zeilen gerecht zu werden ist ganz und gar unmöglich. Während die Pandemie die Berichterstattung dominiert, rückt die Klimakrise in den Hintergrund und wird aus der öffentlichen Debatte verdrängt. Deshalb skizziert Lara von der Grünen Jugend Freiburg nun einen kleinen Rückblick zu Klimapolitik und den Aktionen junger Menschen für mehr Klimaschutz und Klimagerechtigkeit im Jahr 2020.

Januar

In das neue Jahr starten wir mit dem wärmsten Januar in Europa seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Global lag die durchschnittliche Lufttemperatur etwa 1,14 °C über dem Mittelwert.

Februar

Rodungen von vorerst 90 Hektar Kiefernwald in Grünheide, Brandenburg, wo die Gigafactory vom US-Elektroautobauer Tesla entstehen soll. Umweltschützer*innen protestieren für den Erhalt der Landschaft, eine Mobilitätswende und dem nötigen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.

März

Anfang des Monats findet der feministische Kampftag mit Protesten gegen unsere patriarchale Gesellschaft statt. FINT* Personen (Frauen*, inter, non-binary und Trans* Personen) leiden weltweit am stärksten unter den Folgen der Klimakrise und sind durch Genderrollen und der daraus resultierenden Aufgabenverteilung stärker von Naturkatastrophen, Dürren und Seuchen betroffen. Durch ihren sozioökonomischen Status, Fluchtmöglichkeiten bei Katastrophensituationen oder der Ernährungsunsicherheit stellt die Erderhitzung für FINT* Personen eine akutere Bedrohung dar.

April

Fridays for Future verlegt den 5. globalen Klimastreik von der Straße in den digitalen Raum und protestiert mit einem #NetzStreikfürsKlima. Denn trotz Corona geht die Klimazerstörung weiter und die Pandemie zeigt uns, wie schnell radikale Maßnahmen möglich sein können und die Politik handeln kann.

Mai

Das Steinkohlekraftwerk Datteln IV in Nordrhein-Westfalen geht ans Netz – und das, obwohl Deutschland bis spätestens 2038 aus der Kohle raus sein möchte. Als modernes Kraftwerk soll Datteln IV effizienter und klimaschonender sein. Dass die zur Verstromung benötigte Blutkohle jedoch aus Ländern wie Russland, Kolumbien oder China importiert und Menschen dafür ausgebeutet werden, spiegelt sich in der CO2-Bilanz nicht wider.

Juni

Die gewaltvolle Ermordung von George Floyd ist ein Weckruf. Weltweit solidarisieren sich unzählige Menschen bei den Black-Lives-Matter-Protesten. Es wird erneut sichtbar, dass linke Kämpfe in der Klimagerechtigkeitsbewegung unteilbar zusammenhängen. Antirassismus und neokoloniale Strukturen müssen in der intersektionalen Perspektive noch stärker thematisiert werden.

Juli

Die L277 zwischen Keyenberg und Lützerath stellt eine wichtige Nord-Süd-Verbindung für Anwohner*innen im Rheinland dar. Genau hier soll der Braunkohletagebau Garzweiler II durch den Betreiber RWE erweitert werden, weshalb die Straße abgerissen werden muss. Das Tagebaubetroffenen-Bündnis „Alle Dörfer bleiben“ ruft zur Demonstration auf, denn nur noch diese Straße trennt die Menschen von den Schaufelbaggern.

August

Ein schneller Ausstieg aus der Kohle ist unabdingbar, um die 1,5 °C-Grenze des Pariser Klimaabkommens einhalten zu können. Stattdessen beschließt der Bundestag den sprunghaften Kohleausstieg bis 2038 mit dem Kohle“aus“stiegsgesetz. Die Kohleverstromung wird damit für weitere 18 lange Jahre zementiert, in denen die größte CO2-Quelle Europas im Rheinland, aber auch in der Lausitz eine schnelle Emissions-Reduktion unmöglich machen. Des Weiteren sollen in die Kohleregionen über vier Milliarden Euro an RWE und LEAG fließen und die unrentablen Kohlekraftwerke somit künstlich am Leben gehalten werden.

September

Nach zehn Monaten findet der globale Klimastreik unter Hygieneauflagen wieder auf der Straße mit über 200.000 Protestierenden allein in Deutschland statt. Gleich im Anschluss geht es mit zivilem Ungehorsam im rheinischen Braunkohlerevier weiter. Über 3.000 Aktivistis blockieren an diesem Wochenende mit „Ende Gelände“ die Gas- und Kohleinfrastruktur und fordern den sofortigen Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern.

Oktober

Politiker*innen der EU stimmen einer Agrarreform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu. Künftig sollen 20% des EU-Agrarhaushalts an Öko-Regelungen (Eco-Schemes) geknüpft werden, was jedoch nicht ausreichen wird, um die Klimaziele einzuhalten. Auch die Förderung der stark zurückgegangenen Biodiversität muss noch konsequenter in den Gesetzen verankert werden.

November

Der Tag R, also Tag der Rodung im Dannenröder Forst in Hessen, ist bereits gekommen. Wo vor einigen Monaten noch ein intakter Mischwald stand, wurden die Strukturen und Baumhäuser in den letzten Wochen zerstört, um dem Ausbau der A49 zwischen Gießen und Kassel Platz zu schaffen. Aktivistis besetzen dieses wertvolle Ökosystem und Trinkwasserschutzgebiet über ein Jahr lang, bevor sie den Profitinteressen privater Konzerne weichen müssen. Obgleich der Wald zerstört wurde, ist die Autobahn noch lange nicht gebaut.

Dezember

Das Pariser Klimaabkommen jährt sich zum 5. Mal. Im Jahr 2015 hatten fast alle Staaten der Erde beschlossen, die Erderhitzung auf deutlich unter 2 °C, wenn möglich sogar auf 1,5 °C im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter, zu begrenzen. Doch die Bilanz ist ernüchternd: Bislang wurde von den unzureichenden Emissionsreduktionszielen kaum etwas umgesetzt. Während MAPA („most affected people and areas“) heute schon unter den Folgen der Erderhitzung leiden, feuern Industrienationen die Klimakrise weiter an. Die Klimakrise macht keine Pause. Wir müssen weiterhin aktiv für eine klimagerechte Zukunft kämpfen.

Die Pandemie zeigt uns Handlungsmöglichkeiten auf und beweist, dass radikale Maßnahmen getroffen werden können und wir unsere Art zu Leben und zu Wirtschaften grundlegend verändern müssen. Ein hochpolitisches Jahr steht uns bevor und wir sind in der Verantwortung, eine nachhaltige und gerechte Zukunft mitzugestalten.

Autorin: Lara Quaas, FINT* und genderpolitische Sprecherin der Grünen Jugend Freiburg

Verwandte Artikel